Ich lehne mich mit tiefem Dekolleté über den Tisch und blicke deinem Chef tief in die Augen, während ich ihm von deinem morgendlichen Mundgeruch und der Dauer deines eitlen Badezimmeraufenthaltes erzähle. Du sitzt neben mir, mit hochroten Kopf, weißt nicht wohin mit deiner Wut. Den Tritt deiner Ferse gegen mein Schienbein honorierte ich mit einem beherzten Kniff in deinen Schritt. Dass du nicht laut aufgejault hast, war pure Körperbeherrschung, doch dein stummer Schrei wurde auch von der gegenüberliegenden Tischseite bemerkt, jedoch höflich ignoriert. Auch die weiteren unangebrachten Bemerkungen meinerseits wurden nicht quittiert, sondern vielmehr übergangen. Die beschämten Blicke versuchen alle von mir abzuwenden, doch lasse ich mit fuchtelndem Besteck in der Hand und lautstarker Stimme gar nicht erst zu, mich nicht wahrzunehmen.
Vom anfänglichen Sekt bin ich schon längst zu Martini übergegangen, obwohl ich eigentlich gar keinen Alkohol vertrage. Du fragst dich vermutlich schon lange, warum du mich überhaupt gebeten hast mitzukommen. Der Kellner bringt mir, gerade als ich mich mit einem deiner Kollegen über die Selbstmordrate unter Männern im Vergleich zu der der Frauen im Verhältnis zur Machtposition im Beruf unterhalte, mein vorhin bestelltes Bier. Kalt sollte es sein. An meinem Hals teste ich die Temperatur, woraufhin sich meine Nippel neckisch aufstellen. Nun starren mir vier Herren unverblümt auf die Brüste, welche nur von dem weichen Stoff meines weißen Kleides bedeckt sind und entsprechend von mir zur Schau gestellt werden. Die beiden Damen am Tisch gucken mich ungläubig an, bevor sie je eine Augenbraue heben und sich demonstrativ zunicken, als würden sie sich gegenseitig bestätigen, was gerade geschieht. Dabei war ich mir fast sicher, dass ich einen Funken Lust in den Augen der jungen Chefsgattin aufleuchten sah. Seine dritte Frau übrigens.
Die andere scheint sich nun mit dir verbünden zu wollen, da du mich nun versuchst zu ignorieren. Fällt dir zunehmend schwerer, da ich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf mich ziehe und ich mich dadurch nur noch mehr angestachelt fühle, dich in eine unangenehme Situation zu manövrieren. Deiner Verbündeten werde ich nachher als Retourkutsche einreden, sie habe noch Essensreste zwischen den Zähnen.
Ich fühle mich ziemlich wohl in meiner Position und flirte noch ein wenig mit dem Kellner, bevor er wieder vom Nachbartisch vereinnahmt wird. Dein Kollege neben mir nimmt lückenlos seine Rolle ein und beantwortet mir zu indiskrete Fragen mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. Ich gehe davon aus, dass ihr beiden nicht unbedingt die besten Freunde bei der Arbeit seid und er nun versucht, auch an diesem Abend mit dir zu konkurrieren. Die besseren Karten hält er im Moment auf der Hand, doch die Trümpfe hab ich aus dem Spiel genommen.
Deine erneute Bitte, mich unter vier Augen sprechen zu wollen, winke ich mit einem gelangweilten „später“ ab. Wenn ich dein Chef wäre, würde ich dich nach diesem Abend entlassen, sofern du nicht unter Beweis stellen könntest, dass ich nicht Herr meiner Sinne bin und du dennoch über den Dingen stehst und jede Situation unter Kontrolle hast. Momentan kann man das jedoch nicht unbedingt behaupten. Vielmehr mache ich gerade deutlich, dass du an meinen Fäden hängst und ich mit dir und deinem immer kleiner werdenden Ego spielen kann und du nicht den Mut hast, etwas dagegen zu unternehmen. Dein Chef sieht sich das Szenario allerdings bislang sehr gelassen und amüsiert an.
Vom Lustobjekt verwandle ich mich in eine Alleinunterhalterin, die einen schmutzigen Witz nach dem anderen reißt und sich im Gelächter der anderen suhlt, da dies das Mitleid für dich spiegelt. Mir ist es egal, wie peinlich ich dir bin und werfe noch ein Glas um, bevor ich mich zur Toilette entschuldige. Obwohl ich noch geradeaus laufen kann, bestehst du darauf mich auf dem Weg durch das Lokal zu begleiten. Kaum aus dem Sichtfeld unseres Tisches, drückst du mich grob mit den Schultern gegen die Wand und keifst mich an, was das alles soll und ob ich dich ruinieren möchte. Alles was ich darauf antworten kann ist, dass wenn du zuvor betonst, ich solle mich benehmen und du mich dabei behandelst als wäre ich ein unmündiges Kind dem nichts zuzutrauen ist, dann verhalte ich mich eben wie ein Kind! Ein trotziges Kind, das sich dem widersetzt, was man ihm aufgetragen hat. Die Konsequenzen hast du selbst zu tragen, denn ich nehme mir nun ein Taxi.

Köstlich! Endlich mal verstehen, was der Frauen abstrakter Handlungen Antrieb ist.
Nachdem sie endlich ihrem peinlichen Auftritt ein Ende bereitet hat und mit dem Taxifahrer durch die Tür hinaus getorkelt ist, bestellte er eine Flasche Veuve Clicquot,um nicht zuletzt, seine neu gewonnene Freiheit zu feiern, was letztlich in einer Ménage à trois mit der Cheftsgattin und ihrer Freundin endete…
Eine wunderbare Persiflage! – Zum Quietschen! – Armer Kerl! – und 5 Sterne!
Ist es etwa freundlich, wenn ein ganzer Berufsstand
auf so perfide Art diffamiert wird?
Seltsame Auslese!