Der Schutzpanzer den ihr mir auferlegt habt, ist so schwer, dass ich in das Kissen unter mir sinke. An dem Kissen haftet noch immer der Geruch der Vergangenheit. Ich blicke zu euch nach oben. Dein Mund schmerzt ihn so sehr, dass Du ihn nicht öffnen kannst, ohne ihn zu verletzen. Hinter meinen geschlossenen Augen kann ich das Funkeln eurer Augen nicht abstellen, welches schon einige Jahre zurück liegt. Es gab eine Zeit, in der hättet ihr die Fenster in eurem Zimmer neu angeordnet, damit ich mich wohler fühle, während sie unter seinen liebevollen Berührungen lag.
Eure Gesichter sind mir so vertraut, ich kenne sie auswendig und doch verändern sie sich mit jedem Augenblick, in dem ihr verweilt und auf mich herab blickt. Ihr verfolgt jede meiner Bewegungen, doch ich liege beinahe regungslos. Er braucht dich immer dann mehr, wenn du ihn weniger willst. Wie eine ungeschickte Wunde, wenn man an einem Sommertag über das Kopfsteinpflaster taumelt. Auf der sonnigen Seite ruhe ich, während ihr im Schatten sitzt und ich euch dabei zusehen muss, wie ihr mich langsam vergesst.
Wenn ihr gegenseitig in euren Tagebüchern lesen würdet, würdet ihr feststellen, dass ich all die Worte bin. Hunderte von Seiten die ihr überfliegen würdet, um einen Hauch von mir zu fühlen. Ihr würdet versuchen sie zu nummerieren und mich durch die richtige Anordnung wieder ein Stück lebendiger zu machen. Unterstreicht dabei die Liebesbeweise mit rot und rahmt sie ein, damit ihr eure Gefühle füreinander nie vergesst. Lasst sie dann in euren Mund klettern, damit sie sich ausbreiten können und ihr allen von mir erzählen könnt.
Einer von euch dreht die Uhr zu schnell nach vorn, sodass mir schwindelig wird beim Versuch der Zeit zu folgen. Ich verzeihe euch, dass ihr wusstet, dass die Zeit mich umbringen würde, auch wenn ihr gehofft hattet, ihr könntet mich auf ewig jung und haltbar machen. Daran ändert sich auch nichts, wenn ihr ständig hin und her lauft.
Geht raus und schreit, wenn euch danach ist, denn die herrschende Stille zwischen euch schmerzt in meinem leeren Brustkorb. Ihr füllt den Raum mit Schmerz und Trauer. Niemand hört euch weinen, also lasst endlich los, damit ihr von vorn beginnen könnt. Da jeder von uns zu gleichen Teilen nahm und gab, haben wir am Ende keine Rechnung zu begleichen.
Keiner von euch hat bemerkt, dass ich bereits seit einer Weile dabei bin zu sterben. Gerade als ihr dachtet, ihr könntet mich noch einmal retten, entgleite ich euch in die Dunkelheit. In meinem linken Arm halte ich all euere Erinnerungen geborgen. Vielleicht ist das der Teil von euch, der mit mir stirbt. Den ihr dann vermissen werdet, wenn ihr zurück blickt.
Weit entfernt von aller Unschuld höre ich, wie ihr im Takt weint.
Ich höre eine Stimme nach mir betteln. Sie fleht mich an zu bleiben. Ich kann nicht orten, wem sie gehört. Irgendwann endet die Realität und euer Leben setzt wieder ein. Mit einer neuen Liebe.

Dein bester Text bisher.
Oha, Lob von dir. Dankesehr.
Sobald man sich „reingedacht“ und in den etwas komplizierteren Text reingelesen hat, sehr gut!
„Er braucht dich immer dann mehr, wenn du ihn weniger willst.“ hat mich beim ersten durchlesen spontan an Jeopardy – Antworten erinnert ;)