Das Wunder der Massenhysterie

Mehrere tausend orthodoxe Christen verharren eine ganze Nacht vor der Grabeskirche in Jerusalem, um das Wunder des heiligen Feuers mitzuerleben. Gebrechliche Alte, denen die Kälte der Nacht in den Knochen sitzt, Babys die vor Hunger schreien, in Trance taumelnde Frauen und frenetisch brüllende Männer.

Der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theofilos III. geht in die Grabkammer Jesu, in der sich die Flamme der Auferstehung wundersam ohne menschliches Zutun entzündet und reicht dem fanatischen Volk das Feuer weiter. Fiebernde Augen, Gedrängel und Geschubse, bis zur groben Gewalttätigkeit ist alles drin, denn jeder will seine Kerze oder Fackel entzündet sehen und dann Tränen der Erleichterung, wenn die Flamme den Gläubigen Teil des Wunders werden lässt. Schrill gebrüllte Gebete, verdrehte Augen richten sich in den Himmel, um vielleicht ein weiteres Wunder zu erblicken.

Die ersten brechen vor Schwäche zusammen, Fackeln fallen zu Boden, entzünden Gewänder, Kinder brennen, Haare stehen lichterloh in Flammen, das Geschrei des Schmerzes lässt sich kaum von den Schreien verzückter Christen unterscheiden. In weniger als 15 Minuten stehen mehrere tausend Menschen in Flammen, die ersten ersticken am beissenden Qualm, Hunderte werden zu Tode getrampelt. Der Geruch von Grillfleisch macht sich breit, das Tor zur Hölle öffnet sich und Luzifer höchstpersönlich wandelt über schwarzverkohlte noch zuckende Leiber zur Grabeskirche, um dem Patriarchen mit einer rotglühenden Lanze die Augen herauszubrennen. Infernalisches Gebrüll von Höllendämonen ist zu hören, die sich auf die letzten vor Panik schreienden Gläubigen stürzen, sie in Stücke reissen und die Wände der Grabeskirche mit einem frischen Rot tünchen, das in der Hitze Blasen wirft. Mauern stürzen ein und erschlagen jede Hoffnung auf ein Entkommen.

Und der Welt der Religionen bleibt die Erkenntnis, dass sie mehr Menschen in den Tod reisst, als jede Naturgewalt, jede Krankheit oder jeden nicht durch Religion entfachten Krieg (und das sind wenige).

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Ein Kommentar

  1. Ob Fußballstadion, ,,Wetten dass“, Stefan Blaaab, Kochshows, Marathon, Triathlon, Fernsehrausschmisse bei Kerner, überall dort, wo der Mob in Massen auftritt, da ballen sich die Meinungen in Sekundenschnelle zusammen wie englisches Porridge. Die Folgenskala reicht dann eben mal von mittelstark düpiert bis aggressiv-schnaubend, je nach Meinungsdiskrepanz fliesst dann auch mal der rote Lebenssaft. Meine Position dazu: Alle Arten von Auflauf – Bloß kein Menschenauflauf!

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