IKEA heute. Meine gute Tat.

jesus-small19:30 Uhr. Ikea. Kasse. Ein junges Pärchen, Mitte zwanzig, vor mir, er Asiate, sie Pekinese, schäkern rum. Sie legt die Konsumprodukte ordentlich aufs Band, er trinkt seinen Pappbecher Kötbullar leer und stellt diesen mitten auf die Ablage vor das Fließband.

Ich plaziere dank des hinderlichen Getränkebehältnis umständlich meine Sachen auf die maschinelle Beförderung. Hinter mir knurrt schon ein schwäbisches Braunhemd: „Was des nun widda soll!!!“ An der Kasse sagt die Kassiererin zu den Twens: „Hier, nehmen Sie bitte Ihren Kassenbon“, ich greife zum Pappbecher und drücke diesen dem Asiaboy in die Pfoten und sage: „Und vergiss deinen Müll nicht!“ Er reagiert mit hochgezogenenen Augenbrauen betont affig: „Jaaa … SORRY!“ Bevor ich reagieren kann, kommt hinterrücks ein böses Keifen angefloddert: „Die Auslänner, die lasset halt überall ihren Müll liege!“

Durch das kontraproduktive Verhalten des einen und der faschistoiden Bemerkung des Herrenmenschen im Nacken andererseits, drehe ich mich wutentbrannt um und blöke den Altnazi im Kommadoton an: „Hier geht es um MÜLLTRENNUNG, nicht um RASSENTRENNUNG!“ Zum Drachenkind gewandt, fauche ich noch: „Dein mangelndes Umweltbewusstsein macht dich selbst zum Müll der Gesellschaft, also mach dich vom Acker bevor ich dich dem Recycling zuführe!“ und schon trollt sich Gollum mitsamt Torte eingezogenen Hauptes Richtung Ausgang. Großvater Adolf hinter mir steht inzwischen der Herzinfarkt ins puterrote Gesicht geschrieben, aber das Fressbrett des Alten bleibt verkniffen zu. Besser is das.

Schon kommt ein aufmerksamer Ikea-Mitarbeiter angeeimert und fragt höflich, ob alles in Ordnung sei. Die Kassiererin sagt mit glänzenden Augen und bebender Brust: „Nein, ja, JA! Dieser Herr hier hat das souverän geregelt!“ Herr! Herr? Herrje! Sie nickt mir noch zu, will mir wohl noch aus reiner Geilheit ihre Handynummer auf meinem Bon schreiben, aber ich bin bereits in der kühlen Abendluft angelangt, und atme tief ein und diesen Mix aus miefigem Schrebergarten-Gedankengut und gedankenlosem LostGeneration-Verhalten mit einem befreienden Seufzer wieder aus. „Society, what have you done to me …“ sind meine letzten Worte bevor ich den Nachhauseweg in die eigenen gottseidank menschenfreien vier Wände antrete.

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Ein Kommentar

  1. ,,Wir sind halt eben alle nur aus einem Stall“ – Deine Worte! Und wieder einmal eine typische mk411-Feder. Superb!

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